Samstag, 24. April 2010

Der Falter


Wenn der Falter fliegt,
denkt er dann, sobald er das Licht ihn tirifft,
an Untergang?

Oder fühlt er neuen Lebensmut?

Durchs Licht
Die Liebe

Und stürzt sich freudig in die Glut

Wenn der Falter glüht,
ist er dann seinem Traum ganz nah oder ist ihm bang?
Verflucht er seine Leidenschaft und stemmt die Flügel gegens Licht
mit allerletzter Kraft?

Wenn der Falter stirbt,
fühlt er dann seines Herzens letzten Schlag und weiß er dann,
dass dieses Licht ihn mit Unendlichkeit belohnt,
Dass mit dem ganzen Licht sich sein ganzes Leben gelohnt?

(Isabel Tuengertahl)

Dienstag, 20. April 2010

Der Kuss


Love, risin' from the mists
Promise me this and only this
Holy breath touchin' me
Like a wind song
Sweet communion of a kiss

Sun, siftin' thru the grey
Enter in, reach me with a ray
Silently swoopin' down
Just to show me
How to give my heart away

And once a crystal choir
Appeared while I was sleepin' and called my name
And when they came down nearer
Sayin', "Dyin' is done",
Then a new song was sung
Until somewhere we breathed as one

Stars, burstin' in the sky
Hear the sad nova's dyin' cry
Shimmerin' memory
Come and hold me
While you show me how to fly

Sun, siftin' thru the grey
Enter in, reach me with a ray
Silently swoopin' down
Just to show me
How to give my heart away

And lately sparklin' hosts
Come fill my dreams descendin' on firey beams
I've seen 'em come clear down
Where our poor bodies lay
Soothe us gently and say,
"Gonna wipe all your tears away"

Love risin' from the mists
Promise me this and only this
Holy breath touchin' me
Like a wind song
Sweet communion of a kiss...

(Judee Sill)

Samstag, 10. April 2010

Kafka am Strand



Hin und wieder hat das Schicksal Ähnlichkeit mit einem örtlichen Sandsturm, der unablässig die Richtung wechselt. Sobald du deine Laufrichtung änderst, um ihm auszuweichen, ändert auch der Sturm seine Richtung, um dir zu folgen. Wieder änderst du die Richtung. Und wieder schlägt der Sturm den gleichen Weg ein. Dies wiederholt sich mal für mal, und es ist, als tanztest du in der Dämmerung einen wilden Tanz mit dem Totengott. Dieser Sturm ist jedoch kein beziehungsloses Etwas, das irgendwoher aus der Ferne heraufzieht. Eigentlich bist der Sandsturm du selbst. Etwas in dir. Also bleibt dir nichts anderes übrig, als dich damit abzufinden und, so gut es geht, einen Fuß vor den Anderen zu setzen, Augen und Ohren fest zu verschließen, damit kein Sand eindringt, und dich Schritt für Schritt herauszuarbeiten. Vielleicht scheint dir auf diesem Weg weder Sonne noch Mond, vielleicht existiert keine Richtung und nicht einmal die Zeit. Nur winzige, weiße Sandkörner, wie Knochenmehl, wirbeln bis hoch hinauf in den Himmel. So sieht der Sandsturm aus, den ich mir vorstelle. [...] 
Natürlich kommst du durch. Durch diesen tobenden Sandsturm. Diesen metaphysischen, symbolischen Sandsturm. Doch auch wenn er metaphysisch und symbolisch ist, wird er dir wie mit tausend Rasierklingen das Fleisch aufschlitzen. Das Blut vieler Menschen wird fließen, auch dein eigenes. Warmes, rotes Blut. Du wirst dieses Blut mit deinen Händen auffangen. Es ist dein Blut und das der Vielen.
Und wenn der Sandsturm vorüber ist, wirst du kaum begreifen können, wie du ihn durchquert und überlebt hast. Du wirst auch nicht sicher sein, ob er wirklich vorüber ist. Nur eins ist sicher. Derjenige, der aus dem Sandsturm kommt, ist nicht mehr derjenige, der durch ihn hindurchgegangen ist. 
Darin liegt der Sinn eines Sandsturms.


[Haruki Murakami - Kafka am Strand - S.9ff]